Versicherte nicht wie Schwerverbrecher behandeln

Von: Christoph Schlatter

Der Ständerat hat das Gesetz zur Überwachung von Sozialversicherten mit der heissen Nadel genäht. Korrektur ist nötig.

Versicherungen sollen nicht alles dürfen dürfen. (Foto: fotolia)

Auf blossen Verdacht hin, dass Versicherte Leistungen eventuell zu Unrecht beziehen, dürfen die Sozialversicherungen schwerstes Geschütz auffahren, bis hin zum Einsatz von GPS-Trackern? Der heutige Entscheid des Ständerats zur Rechtsgrundlage für den Einsatz von Sozialversicherungsdetektiven missachtet aus Sicht des VPOD zentrale Grundsätze des Rechtsstaats.


Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war festgestellt worden, dass für derartige Überwachung in der Schweiz keine Rechtsgrundlage besteht; im Bestreben, eine solche rasch zu schaffen, näht der Ständerat jetzt offenkundig mit der heissen Nadel. Der Nationalrat muss in folgenden Punkten dringend korrigieren:

  • Die Überwachung darf nicht von den Versicherungen selbst beschlossen werden, sondern muss von einer externen, unabhängigen Stelle bewilligt werden.
  • Die Überwachung muss sich auf den öffentlichen Raum beschränken und darf nicht auch vom öffentlichen Raum aus einsehbare Orte wie Gärten oder Balkone umfassen.
  • Der Einsatz von GPS-Trackern in diesem Zusammenhang ist generell zu verbieten.

Das Gesetz muss insgesamt so ausgestaltet werden, dass die Verhältnismässigkeit gewahrt bleibt – insbesondere dürfen den Sozialversicherungsdetektiven nicht grössere Kompetenzen eingeräumt werden als den Strafverfolgungsbehörden.

Zudem ist es absurd und widersprüchlich, gegen einfache Versicherte ein Arsenal aufzufahren, das gegen die Steuerhinterziehung, wo es nicht um Millionen, sondern um Milliarden geht, nicht in Anschlag gebracht wird.