Psychostress und Erschöpfung wegen bürokratischer Zumutungen

Von: Christoph Schlatter

Fast ein Zehntel der Mitgliedschaft hat an der VPOD-Online-Umfrage «Kollegin, Kollege, wie geht es dir?» teilgenommen. Das Resultat, das heute am VPOD-Kongress in St. Gallen präsen-tiert wurde, ist deutlich: Eine Mehrheit der Antwortenden ist am Feierabend eines normalen Arbeitstages zu erschöpft für jedwede Aktivität. Es sind vor allem Zumutungen jenseits des jeweiligen Kerngeschäfts, die stressen.

Stress und Erschöpfung wegen der Zunahme administrativer Aufgaben und wegen Entfremdung vom Kerngeschäft. (Foto: fizkes/istock)

Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage im Einzelnen: Zwar sind 68 Prozent der knapp 3500 Antwortenden mit ihrer Arbeitssituation ganz oder eher zufrieden, und 76 Prozent sind wenigstens leidlich gesund. Bei der Arbeit fühlen sich aber 67 Prozent gestresst. Und einen Anstieg der psychischen Belastung am Arbeitsplatz in den letzten 4 Jahren bejahen 74 Prozent.

Aus der Umfrage geht klar hervor, dass weder die Belegschaft noch die Vorgesetzten der Hauptgrund für die Misere sind. Mit den Kolleginnen und Kollegen verstehen sich 94 Prozent gut; ein mindestens anständiges Zeugnis für die Chefin oder den Chef gibt es von 61 Prozent der Antwortenden. Man finde bei der vorgesetzten Stelle mit seinen Anliegen Gehör. Hingegen stellen volle 84 Prozent fest, dass die administrativen Aufgaben in den letzten 4 Jahren zugenommen haben. (Dies ist auch die einzige Aussage der Umfrage, bei der die Antwort «trifft vollkommen zu» mehr Stimmen erhielt als «trifft eher zu»). Der Satz «Für den eigentlichen Inhalt meiner Arbeit habe ich zu wenig Zeit» erzielte eine Zustimmung von 63 Prozent, 6o Prozent beklagen übermässige Zergliederung und Zerstückelung ihrer Arbeit. Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent gibt sogar an, den Job nicht so machen zu können, «wie ich es mir vorstelle und wie ich es gelernt habe».

Diese Belastung hat Folgen am Feierabend: 66 Prozent bekennen, sich nach einem normalen Arbeitstag nicht mehr zu Aktivitäten aufraffen zu können. Also: zu müde zu sein fürs Kino, fürs Konzert oder zum Tanzengehen. Der VPOD hält das für einen bestürzenden Befund, zumal die Untersuchung nahelegt, dass die Erschöpfung nicht aus dem eigentlichen Kerngeschäft resultiert, sondern wesentlich mit Vor-, Neben- und Nachgelagertem zu tun hat, mit schlechter Arbeitsorganisation, unausgereiften EDV-Programmen oder bürokratischen Zumutungen.

Resultate online: https://vpod.ch/brennpunkte/mitgliederumfrage-stress-belastung/

Ausführlicher: https://vpod.ch/downloads/umfragen/ergebnisse-mitgliederumfrage-kollegin-kollege-wie-geht-es-dir.pdf