Teilhabe statt Prekarität: Grundrechte und Sicherheit für alle

Von: Johannes Gruber

Die SGB-Migrationskonferenz in Bern thematisierte die Auswirkungen der gegenwärtigen Pandemie auf die Migrantinnen und Migranten in der Schweiz. Die nochmals stark gestiegene Prekarisierung vieler Menschen ist eine Herausforderung für die Gewerkschaften.

Heidi Mosimann und Nina Vladovic waren Teil der VPOD-Delegation an der SGB-Migrationskonferenz.

Im Zentrum der SGB-Migrationskonferenz standen die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Menschen, die in der Schweiz leben und arbeiten, aber keine Schweizer Staatsbürgerschaft haben. Seit der Revision des "Ausländer- und Integrationsgesetzes" zum 1. Januar 2019 laufen viele Migrant*innen in der Schweiz Gefahr, dass sich bei Sozialhilfebezug ihr Aufenthaltsstatus verschlechtert oder sie gar des Landes verwiesen werden. Dies gilt selbst dann, wenn sie ihr ganzes Leben in der Schweiz gearbeitet haben. Mit der pandemiebedingten Wirtschaftskrise wurde aus einer abstrakten eine konkrete Bedrohung, viele haben ihren Job verloren und müssen nun um ihren Aufenthalt fürchten.

Wie Franziska Teuscher - Direktorin für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern - ausführte, schränkt der gesetzliche Rahmen die Handlungsmöglchkeiten der Städte stark ein. So versuche die Stadt Bern alles, um Migrant*innen über ihre Rechte zu informieren und sie zu beraten. Mit einem städtischen Masterplan "Arbeitsintegration" versuche man Migrant*innen niederschwellig zu qualifizieren, sodass sie Zugang zum Arbeitsmarkt finden. Hilfsorganisationen werden städtisch unterstützt und Ermessensspielräume ausgeschöpft, entscheidend aber wäre "eine Rückgängigmachung der Verschärfungen beim Ausländerrecht, weil sie eine schädliche Unterschichtung fördern und Menschen auf eine gefährliche Weise ausgrenzen."

Um Aufenthaltssicherheit zu haben, bleibt für viele Migrant*innen in der jetzigen politschen Lage nur der Erwerb der Schweizer Staatsbürgerschaft. Doch auch der Zugung zu dieser wurde insbesondere für arme Migrant*innen mit dem neuen Bürgerschaftsgesetz erschwert. Die Ständeräte Paul Rechsteiner (SG) und Lisa Mazzone (GE) stellten an der Migrationskonferenz ihre Motionen vor, die fordern, dass Migrant*innen der zweiten Generation die Schweizer Staatsbürgerschaft oder zumindest ein Recht auf diese erhalten. Dass es der Qualität der Schweizer Demokratie schadet, wenn - wie gegenwärtig der Fall - mehr als ein Viertel der Bevölkerung kein Wahl- und Stimmrecht haben, führte Gewerkschaftsmitglied Arbër Bullakaj aus. Um dies zu ändern, hat er gemeinsam mit anderen die "Aktion-vier-Viertel" ins Leben gerufen, die ein Grundrecht auf Einbürgerung fordert:

https://aktionvierviertel.ch/

Dass die Gewerkschaftsbewegung bei der Durchsetzung von sozialen und poltitischen Rechten zukünftig eine führende Rolle spielen muss, war an der SGB-Migrationskonferenz unbestritten. Die Delegierten nahmen in diesem Sinne einstimmig die beiden Resolutionen "Teilhabe statt Prekarität! Armut ist kein Verbrechen!" sowie "Demokratiedefizit beheben!" an.