Gerade die Corona-Virus-Krise hat gezeigt, wie systemrelevant die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung ist und wie schnell die Einrichtungen in ihrer Existenz gefährdet sind. Auch im Home-Office können Kinder nicht nebenbei gehütet werden. Es braucht ein verlässliches Betreuungsangebot.
Ziel des VPOD und des SGB ist es, familien- und schulergänzende Betreuung künftig unentgeltlich als Teil des Service Public ab Ende des gesetzlichen Mutterschaftsurlaub bis Ende Volksschule allen Kindern zur Verfügung zu stellen. Mit der höheren Erwerbstätigkeit der Eltern, im Speziellen der Frauen und der einhergehenden höheren Steuern würde sich diese Investition refinanzieren.
Nur mit genügend und qualitativ guter Kinderbetreuung kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung von Frau und Mann und die Chancengleichheit speziell auch der Kinder markant verbessert werden.
Der Nutzen der frühkindlichen Bildung und Betreuung (FBBE) ist hoch. Verschiedene Studien machen deutlich, dass Betreuung, Frühförderung und Bildung in den ersten Lebensjahren eine lohnende Investition in die Zukunft sind. Einerseits dienen sie dem Kindswohl und andererseits ist zu diesem Zeitpunkt das Potential der sozialen, kognitiven und emotionalen Ressourcen der Kinder bei kindgerechter Förderung besonders gross. Wird ihre natürliche Neugier zu entdecken und mehr zu verstehen, kindsgerecht und spielerisch mit dafür qualifiziertem Personal angeregt, lernen Kinder über und mit Kindern sehr viel.
Profitieren würden insbesondere Kinder aus sozio-ökonomisch benachteiligten Familien. Unlängst hat die Studie «Soziale Selektivität» des Schweizerischen Wissenschaftsrates (SWR) darauf hingewiesen, dass das Schweizer Bildungssystem diese Kinder diskriminiert und «Humankapital» brachliegen lässt; gerade die FBBE sieht der SWR als zentrales Handlungsfeld an.
Familien- und schulergänzende Betreuung eröffnen die Möglichkeit einer höheren Erwerbstätigkeit der Eltern, speziell der Frauen, und sind damit auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Sie tragen zu einer besseren Altersvorsorge, weniger Sozialhilfeabhängigkeit und zur Armutsbekämpfung bei.
Die Anschubfinanzierung des Bundes hat zwar über 60'000 neue Betreuungsplätze geschaffen, doch ist der Bedarf noch längst nicht gedeckt. Viele Einrichtungen sind finanziell am Limit; die Löhne sind tief und häufig nicht existenzsichernd; es gibt zu viele Angestellte ohne Ausbildung oder nur im Status eine/r Praktikant*in; das Personal ist überlastet und die Betreuungsschlüssel sind zu knapp. Damit kommt die Förderung der Kinder zu kurz und die bildungsrelevanten Ressourcen können nicht entwickelt werden. Die Tarife sind für die Familien (viel) zu hoch, für die Anbieter jedoch nicht kostendeckend. Ohne substanzielle öffentliche Finanzierung sind die Kitas und Horte in guter Qualität und mit fairen Arbeitsbedingungen nicht führbar.
Die Lancierung der Kita-Initiative macht Freude, kommt sie doch diesen Zielen sehr nah. Deshalb unterstützt SGB die Initiative aktiv. Sie will einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für jedes Kind, bekennt sich zu einer qualitativ guten Betreuung und verlangt explizit eine qualifizierte Ausbildung, gute Löhne und Arbeitsbedingungen. Das Betreuungspersonal zahlt mit schlechten Arbeitsbedingungen den Preis dafür, dass die öffentliche Hand bei der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung knausert. Gesamtarbeitsverträge gibt es nur in zwei Kantonen, vielerorts gelten nur die minimalen Bestimmungen des Arbeitsgesetzes. In einer Befragung der Gewerkschaft VPOD haben 2021 80 Prozent der Kita-Angestellten geantwortet, dass sie sich bei der Arbeit gestresst fühlen, 40 Prozent planen wegen gesundheitlicher Belastungen den Beruf zu wechseln.
Der zur Zeit in vielen Kinderbetreuungsinstitutionen herrschende Spardruck führt dazu, dass in der Kinderbetreuung Lohnkosten eingespart werden: 43 Prozent des Kita-Personals verfügen über keine Fachausbildung. Die meisten Kitas setzen Praktikant:innen als billige Arbeitskräfte ein – zu Löhnen unter 1’000 Franken/Monat und mit wenig Aussicht auf eine Lehrstelle. Und auch die Löhne für ausgebildete Betreuungsfachpersonen liegt deutlich unter vergleichbaren Berufen und werden der grossen Verantwortung des Jobs nicht gerecht. Die Kita-Initiative wertet Kinderbetreuungsberufe auf, über angemessene Ausbildungen, Löhne und Arbeitsbedingungen.
Für die reiche Schweiz, deren Ressourcen gut ausgebildete Menschen sind, sollte diese Investition ein Muss sein, zum Wohle der Kinder, der Wirtschaft und des sozialen Friedens. Für mehr Gleichstellung und Chancengleichheit. JA zur Kita-Initiative!
Kita-Initiative jetzt unterschreiben!
Downloads | ||
---|---|---|
07.03.2022 | Familien- und schulergänzende Betreuung als Teil des Service Public | PDF (185.7 kB) |