Ein Jahr nach Annahme der Pflegeinitiative verlassen mehr als 300 Pflegende pro Monat den Beruf. Das heizt die Versorgungskrise im Gesundheitswesen weiter an und eine gute Pflege kann nicht mehr sichergestellt werden. Mit der Aktion der Pflegenden appellieren SBK, Unia, VPOD und Syna an Bund, Kantone und Arbeitgeber, sich nicht mehr länger gegenseitig die heisse Kartoffel zuzuschieben und nun endlich zu handeln!
700 Pflegende machten heute auf dem Bundesplatz mit einer Aktion auf die gefährliche Situation in der Pflege aufmerksam und forderten von Politik und Arbeitgebern fünf Sofortmassnahmen. Eine Ballonwand mit 300 Ballons, die rauchend in sich zusammenfiel, symbolisierte die 300 Pflegenden, die pro Monat ihren Beruf verlassen. Eine Realität, die früher oder später zum Kollaps der Pflegenden und des ganzen Gesundheitssystems führen wird.
Umsetzung der Pflegeinitiative lässt auf sich warten
Seit einem Jahr schieben sich Bund, Kantone und Arbeitgeber gegenseitig die Verantwortung für die Umsetzung der Pflegeinitiative zu.
«Die Pflegeinitiative gab uns Hoffnung. Die Umsetzung ist aber zu langsam. Kantone und Arbeitgeber können und müssen jetzt handeln, damit sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Wir haben einen wunderbaren Beruf, brauchen aber bessere Arbeitsbedingungen, um ihn gesund und kompetent ausüben zu können», so Ignatius Ounde, dipl. Pflegefachmann.
Pflegequalität nimmt ab und Unterversorgung droht
Die Situation im Gesundheitswesen wird derweil immer prekärer. Viele Abteilungen und Heime sind stark unterbesetzt und zahlreiche Pflegeinstitutionen mussten Betten sperren der sogar Abteilungen schliessen. Die Überlastung des Personals führt zu Fehlern in der Arbeit, die Pflegequalität sinkt und es droht mancherorts sogar eine Unterversorgung der Bevölkerung. Das berichten 150 Kaderleute von unterschiedlichsten Pflegeeinrichtungen in der Umfrage von Swiss Nurse Leaders. Paula Will, Assistent:in Gesundheit und Soziales in Ausbildung bestätigt: «Das lange Ignorieren der Probleme durch die Politik und die langjährigen Sparmassnahmen führen nun dazu, dass unsere Bewohner:innen leiden und in krassen Fällen sogar daran streben.»
Fünf Sofortmassnahmen jetzt!
Nur mit Sofortmassnahmen kann der Pflege-Exodus noch gestoppt und eine gute Pflege sichergestellt werden. Die Pflegenden fordern gemeinsam mit ihren Gewerkschaften und ihrem Berufsverband:
- Löhne/Arbeitszeit: Deutliche Lohnerhöhung bei gleichem Pensum bzw. Arbeitszeitreduktion bei gleichem Lohn.
- Zulagen: Massive Erhöhung der bestehenden Zulagen und Zeitgutschriften sowie Einführung von Zulagen für kurzfristige Dienstplanänderungen.
- Ferien: Mindestens 5 Wochen bis 49, ab 50 6 Wochen, ab 60 7 Wochen.
- Tatsächliche Erfassung und Abgeltung der Arbeitszeit: Z. B. inkl. Umkleidezeit, Wegzeit von einem Einsatz zum nächsten in der Spitex.
- Kinderbetreuung: Zuschüsse für familienergänzende Kinderbetreuung.
Karin Grossniklaus, Dipl. Pflegefachfrau betont: «Es braucht Rahmenbedingungen, die eine würdige und wertschätzende Pflege wieder möglich machen! Das ist heute leider nicht der Fall. Zum ersten Mal seit 35 Jahren gehe ich nicht mehr gerne zur Arbeit.»