Fokusthema 2022: Gemeinsam gegen Femizide!
Jede zweite Woche verliert in der Schweiz eine Frau ihr Leben durch einen Femizid. Im Jahr 2021 haben mindestens 30 Frauen einen versuchten Femizid überlebt. Laut den offiziellen Statistiken des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung (EBG), wurden im Zeitraum von 2009 bis 2021 686 Frauen (62,2 %), 306 Männer (25,3 %) und 124 Kinder (12,5 %) Opfer von Tötungsdelikten oder versuchten Tötungsdelikten. Frauen sind stark überrepräsentiert. Diese extreme Gewalt stellt die Spitze des Eisbergs der geschlechtsspezifischen Gewalt dar. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um das Ergebnis struktureller Gewalt gegenüber Frauen sowie trans und non-binären Menschen.
Nur ein Ja ist ein Ja
Amnesty International hat der Bundeskanzlei am 21. November einen «Weckruf ans Parlament» überreicht. Zusammen mit über 41'000 Personen und 50 Organisationen, darunter auch der VPOD, will Amnesty, dass die Zustimmungslösung im Gesetz verankert wird. Mit der Aktion wollen die Organisationen der Forderung nach einer Revision des Sexualstrafrechts im Sinne von «Nur Ja heisst Ja» Nachdruck verleihen und den Nationalrat, der sich heute mit der Revision des Sexualstrafrechts befasst, auffordern, die Zustimmungslösung im Gesetz zu verankern. Nach dem Grundsatz «Nur ja heisst ja» ist jede sexuelle Handlung ohne Zustimmung als Vergewaltigung anzuerkennen, und zwar unabhängig von Geschlecht und Körper der betroffenen Person. Nur so kann das Sexualstrafrecht das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung effektiv schützen.
Übereinkommen von Istanbul
Am 15. November hat die internationale Expert:innengruppe des Europarats (GREVIO) die Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt in der Schweiz überprüft und ihre Vorschläge in einem Bericht veröffentlicht. GREVIO begrüßt einige Fortschritte, darunter die Einführung eines nationalen Plans zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, der im Juni verabschiedet wurde, eine Verbesserung des Bundesgesetzes von 2020 zum Schutz von Gewaltopfern oder die Verstärkung der Maßnahmen für die Betreuung von Opfern häuslicher Gewalt durch einige Kantone. Insgesamt kommt das internationale Expert:innengremium aber zum Schluss, dass die Schweiz zahlreiche Anforderungen des seit 2018 rechtskräftigen Abkommens bezüglich geschlechtsbezogener, sexualisierter und häuslicher Gewalt nicht erfüllt. GREVIO bemängelt das Fehlen von Definitionen und eines gemeinsamen Ansatzes auf nationaler Ebene im Hinblick auf Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, die unzureichende Finanzierung von Strategien, Programmen und Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen und die Tatsache, dass weibliche Gewaltopfer nicht im gesamten Land gleichen Zugang zu Notunterkünften und hochwertigen Unterstützungsleistungen haben.
Sexuelle Belästigung:
GREVIO weist auch darauf hin, dass die Schweiz ihre Bemühungen auf die Bekämpfung «häuslicher» Gewalt konzentriert hat und andere Formen der Gewalt wie sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vernachlässigt hat. GREVIO ermutigt die Schweiz, sich stärker an der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und der geschlechtsspezifischen Gewalt am Arbeitsplatz zu beteiligen, insbesondere durch Sensibilisierung und Information, aber auch durch die Stärkung der Opferhilfe. Zusammen mit anderen Gewerkschaften bieten wir am 8. Dezember von 19:30-21 Uhr ein Webinar zum Thema «Sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz» an. Ihr könnt euch hier dafür anmelden.