Preise rauf - Löhne rauf!

Von: Natascha Wey

Mindestens 5% mehr Lohn, das ist die Forderung der Gewerkschaften an der Medienkonferenz des SGB.

Nach drei Jahren mit sinkenden Reallöhnen beginnt jetzt der entscheidende Lohnherbst. Die Preise steigen, die Gewinne der Firmen steigen, die Löhne der Chefs steigen, sogar die Produktivität steigt - also müssen auch die Löhne steigen!

Dies gilt nicht nur für die Privatwirtschaft, sondern auch für den öffentlichen Dienst.

Der Service Public ist hier nicht die löbliche Ausnahme, sondern Teil des Problems. Nur wenige Kantone 2022 haben den vollen Teuerungsausgleich gewährt, ein trauriges Schlusslicht bildet der Kanton Bern mit 0.5.% Unsere Kolleg:innen bewegen Züge und Busse, halten Städte und Gebäude intakt, bilden Menschen aus – betreuen Kinder und pflegen ältere und kranke Menschen. Bei gleicher Leistung Ende Monat weniger Geld im Portemonnaie zu haben ist nicht tolerierbar.

Unsere Forderung ist klar: Für den öffentlichen Dienst fordern wir die aufgelaufene Teuerung, den vollen Teuerungsausgleich und Reallohnerhöhungen. Damit sind wir bei mindestens 5%!

Das Geld ist vorhanden

Die Kantone haben sehr wohl die nötigen Mittel; sie machen fast flächendeckend seit Jahren Überschüsse (u.a. trotz Corona!) und erhalten im Rahmen der Umsetzung der OECD-Steuerreform weitere zusätzliche Mittel. Nach Vorliegen der Jahresabschlüsse 2022 aus allen Kantonen zeigt sich ein kumulierter Überschuss von 3.3 Milliarden, bei einem zuvor budgetierten Defizit von 1.2 Milliarden. Das Hauptproblem dabei: Aufgrund der restriktiven Haushaltsregeln fliessen diese Mittel in fast allen Kantonen nicht in produktive Ausgaben oder Investitionen oder an das Personal, sondern verschwinden in einem anhaltenden sinnlosen Vermögensaufbau oder werden für Steuergeschenke verschwendet.

Grundsätzlich verfügt die öffentliche Hand in der Schweiz nach zwei Jahrzehnten kontinuierlicher und massiver Budgetunterschreitungen über ein Reinvermögen von 401 Milliarden Franken, was mehr als der Hälfte der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Die Ausgabenunterschreitungen des Bundes wurden bis vor Kurzem automatisch dem Ausgleichskonto der Schuldenbremse zugeführt, welches damit widersinnigerweise immer weiter aufgebläht wurde.

Wie den "Fachkräftemangel" bekämpfen?

Im öffentlichen Dienst nehmen die fachlichen und physischen Anforderungen in den Berufen zu. Der «Fachkräftemangel» ist eklatant, vor allem im Nahverkehr, im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen. Die schlechten Arbeitsbedingungen in den Branchen des Service publics erschweren Seite 2 nicht nur die Rekrutierung von ausreichendem und auch ausreichend qualifizierten Personal. Zudem sind sie oftmals der Auslöser für einen permanente Wechsel in der Belegschaft oder gar einem Exodus aus den Berufen. Dem Personal mutet man seit Jahren eine Verdichtung der Arbeit und hohe Belastungen zu, nun kommt seit 2021 auch ein Reallohnverlust hinzu. Immer mehr Arbeiten für immer weniger Geld.

Dazu kommen Sparprogramme, wie jetzt beispielsweise beim Bund angekündigt. Ohne eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine Erhöhung der Löhne wird sich der «Fachkräftemangel» in den Branchen des Service publics weiter verschärfen. Hier stehen die Arbeitgeber:innen in der Verantwortung, nicht das Personal. Seit Jahren hält das Personal den Nahverkehr, die Bildungs- und Sozialeinrichtungen, die Gesundheitsbetriebe am Laufen. Nur durch ihren Einsatz kann in Teilen noch Patient:innensicherheit, Versorgung, Bildung und Betreuung gewährleistet werden. Es ist an der Zeit, sie anständig zu entschädigen!

Teuerungsausgleich in Diskussion?

Es erstaunt schon, dass es heute überhaupt eine Diskussion ist, ob die Teuerung ausgeglichen wird oder nicht. Das sollte selbstverständlich sein, allen voran für die öffentliche Hand, die Vorbildcharakter hat. Die mickrigen Teuerungsentscheide für das Personal haben Symbolcharakter für die halbstaatlichen und ausgelagerten Betriebe, zum Beispiel für die Spitäler.

Die Pflegenden im Inselspital Bern wurden mit 1.5% abgespeistn, Reallohnverlust also in einer Zeit, in der Druck und Arbeitsbelastung in der Pflege ins Unermessliche steigen. Die Mitarbeitenden in der Kinderbetreuung können vom Teuerungsausgleich oft nur träumen – je nachdem ob die Kantone ihre Subventionsbeiträge der Teuerung anpassen, gibt es vielleicht etwas. Auch das in einer Branche, die praktisch keine Reallohnerhöhungen kennt in den vergangenen Jahren.

Wie in 2022 weiter mobilisieren!

Für uns ist klar: wir werden diesen Herbst in unseren Bereichen weiter mobilisieren. Vor zwei Wochen hat das Personal des öffentlichen Dienstes am Flughafen Genf gestreikt, weil sie keinen Lohnabbau hinnehmen wollen. Im Januar und Februar haben die Mitarbeitenden im Spital und in der Bildung des Kantons Waadt gestreikt, weil sie zu Recht den vollen Teuerungsausgleich wollen. Wir haben genug von Alibiverhandlungen und Ausreden von fehlendem Geld. Wir haben kein weiteres Verständnis mehr für Ausflüchte, Fehlkalkulationen und Missmanagement. Wenn es kein «Geld im System» hat, müssen die Arbeitgeber:innen den Druck weiter nach oben geben – an die Politik!