„Vergogna!“ – „Schande!“ – war das am häufigsten skandierte Wort an der Demonstration, die den Streiktag des Tessiner Kantonspersonals eindrücklich beschloss. Die rund 5000 Demonstrierenden füllten die ganze Strasse vom Bahnhof Bellinzona bis zur Innenstadt; besonders der Bildungsbereich war stark vertreten. Am Morgen hatten mehrere virtuelle Streikversammlungen mit jeweils mehreren tausend Teilnehmenden stattgefunden.
Das Ziel der Demonstrierenden ist eine Rücknahme der skandalösen Beschlüsse des Tessiner Grossen Rats, der praktisch im gesamten staatlich finanzierten oder subventionierten Bereich wie ein Bulldozer gewütet hat. Insbesondere die Verweigerung des Teuerungsausgleichs bringt die Staatsangestellten in der Sonnenstube auf die Palme; diejenigen, die beim VPOD organisiert sind, haben den Streik drum bei der Urabstimmung mit einer 90-Prozent-Mehrheit bestätigt; die christliche OCST hat den Streik ihrerseits bestätigt.
Im Sozial- und Gesundheitsbereich sind drastische Einschnitte geplant, aber mit
am ärgsten von den Sparbeschlüssen betroffen ist das Bildungswesen. Dort sollen zurücktretende Lehrpersonen nicht mehr voll, sondern nur noch zu 80 Prozent durch Neueinstellungen ersetzt werden. Gegen diese kurzsichtige Politik haben bereits am Montag die angehenden Lehrerinnen und Lehrer an der Pädagogischen Hochschule protestiert. „Eine rote Linie ist überschritten“, sagt auch Raoul Ghisletta, Tessiner VPOD-Sekretär. Er will das den Sparentscheiden zugrundliegende sogenannte „Morisoli-Dekret“ auch auf juristischem Weg angreifen und hat eine entsprechende Klage eingereicht.