Jahrelang hat uns der Bund – das hat er jetzt zugegeben – mit zu negativen AHV-Finanzszenarien in die Irre geführt. Die vom Bundesamt für Sozialversicherungen BSV verwendeten Prognosemodelle waren zu pessimistisch. Aus Sicht des VPOD gibt es Handlungsbedarf, denn die unberechtigte Schwarzmalerei hatte konkrete Auswirkungen auf die Politik – und auch auf Volksabstimmungen.
Für den SGB und den VPOD ist klar, dass das äusserst knappe Abstimmungsresultat vom September 2022 damit in Frage gestellt ist – die Erhöhung des Frauenrentenalters wäre bei korrekter Information nicht durchgekommen. Für eine demokratisch saubere Entscheidung braucht es Grundlagen: eine fundierte Meinungsbildung aufgrund sachlich zuverlässiger Information; das war vor zwei Jahren nicht gegeben. Die Abstimmung muss aufgehoben werden. Zahlreiche Abstimmungsbeschwerden mit diesem Antrag sind bereits eingereicht worden, auch von VPOD-Kolleginnen; der SGB und der VPOD unterstützt sie.
Der Vorgang ist nicht beispiellos: Das Bundesgericht hat das Ergebnis der Abstimmung über die von der CVP-Initiative „ Nein zur Heiratsstrafe“ (Februar 2016) für nichtig erklärt. Der „Fehler“ bezog sich damals auf die Anzahl der betroffenen Ehepaare. Das Bundesgericht hielt fest, dass diese Fehlinformation in einer Abstimmung mit knappem Ausgang „die freie Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger und die getreue und sichere Willensäusserung“ in Frage stellte. Auch vorliegend haben irreführende Zahlen und „Argumente“ eine entscheidende Rolle gespielt, und die Abstimmung ist noch knapper ausgegangen. Kompliziert wird die Ausgangslage durch die Tatsache, dass die damalige Vorlage zur Erhöhung des Frauenrentenalters mit dem Entscheid zur Mehrwertsteuererhöhung gekoppelt war; dieser ging damals allerdings sehr klar durch.
Solche groben Kalkulationspannen, wie sie jetzt publik wurden, und ihre verspätete Mitteilung schwächen das Vertrauen in die AHV und in den Staat ganz allgemein. Der VPOD verlangt, dass auch beim BSV entsprechende Konsequenzen gezogen werden.