«Alle enteignen – danke!»

Beschäftigte spüren Kaufkraftverlust tagtäglich, das zeigt unsere Umfrage «Rechnest du noch oder kriselt es schon?»

Nicht repräsentativ, aber aussagekräftig: Die Beschäftigten in den Branchen des Service public – oder jedenfalls jene 600, die sich an der Umfrage beteiligt haben – spüren die Teuerung: 72 Prozent geben an, sich heute weniger leisten zu können als 5 Jahre zuvor.
Wenig überraschend ist, dass dieser Wert mit dem Haushaltseinkommen korreliert. Besonders betroffen sind Branchen wie das Gesundheitswesen und handwerkliche Berufe.

Wichtigste Ergebnisse

  • Lohnzufriedenheit: Nur 31 % der Teilnehmenden sind mit ihrem Lohn zufrieden, wobei im Bildungsbereich die Zufriedenheit höher (67 %) und im Gesundheits- (24 %) und Sozialwesen (29 %) deutlich niedriger ist
  • Hauptbelastung: Krankenkassenprämien und Gesundheitskosten bereiten über 85 % der Befragten grosse Sorgen, unabhängig von Branche und Einkommen
  • Einschränkungen: Fast drei Viertel der Teilnehmenden haben ihr Konsumverhalten angepasst, wobei 17 % massive Einschränkungen vornehmen müssen und fast 8% angeben, mit ihrem Lohn «nicht über die Runden zu kommen».

Mehr Gerechtigkeit im Lohngefüge!

«Zwischen den Zeilen» wird ausserdem spürbar, dass die Empörung dort am höchsten ausschlägt, wo das Gerechtigkeitsempfinden verletzt ist. Mehrfach wird auf die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern hingewiesen. Die Forderung «Überwindung des Gender Pay Gap!!» ist mit mehreren Ausrufungszeichen versehen, von denen wir nur einen Bruchteil wiedergeben. Aus einigen Antworten geht hervor, wie demoralisierend sich Ungerechtigkeiten im Lohngefüge auswirken können. Zum Beispiel, wenn man beim Lohn von Neuen oder Quereinsteigenden überflügelt wird:

«Ich habe das Gefühl, dass die neuen Mitarbeiter die höheren Löhne erhalten als die Langjährigen (bei mir 15 Jahre)» oder «Langjährige Erfahrung und besonderer Einsatz in diversen Funktionen werden nicht honoriert».

Ein ausgewachsenes Stück Gesellschaftskritik ist der Kommentar einer Kollegin aus dem Sozialbereich:

«Was zunehmend frustriert und wütend macht, sind die Lohnunterschiede, welche in den Freundeskreisen und in der Gesellschaft Realität sind. In meiner Funktion begleite ich Menschen mit sehr niedrigem Einkommen, welche existenzielle Ängste haben und nicht über die Runden kommen. In meinem erweiterten Bekanntenkreis, und in der Gesellschaft allgemein gibt es Menschen in meinem Alter (Mitte 30), die unbeschreiblich hohe Löhne erhalten.Die Blindheit und Naivität, welche diese Menschen bezüglich der ersten Gruppe haben, sehe ich als grosses Problem.»

Ein Vorschlag von anderer Seite zur Behebung der sozialen Schieflage ist knapp und radikal: «Alle enteignen, danke.»

Kaufkraftverluste durch nicht ausgeglichene Teuerung sind auch im VPOD-Milieu bittere Realität.

Im Zusammenhang mit anderen Ungerechtigkeiten hinsichtlich finanzieller und ideeller Wertschätzung ergibt sich eine gefährlich demoralisierende Mischung, die letztlich auch den Kitt zu zersetzen droht, der die Gesellschaft zusammenhält. Zumal, wie jemand richtig anmerkt, der schiere Teuerungsausgleich ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste – und nicht jedes Jahr neuerlich Verhandlungssache.

Dass die öffentlichen Arbeitgeber:innen sich zunehmend nicht mehr für das Wohl ihrer Angestellten verantwortlich fühlen, erleben wir vor allem in den laufenden Budgetdebatten und ist für uns umso mehr ein Grund in 2025 kämpferisch zu bleiben.


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09.12.2024 Ergebnisse "Rechnest du noch oder kriselt es schon?" PDF (177.0 kB)

Galerie: Umfrage «Rechnest du noch oder kriselt es schon?»