Am 24. November wird über eine Änderung des Krankenversicherungsgesetzes, auch unter dem Kürzel «EFAS» bekannt, abgestimmt. Unter dem Deckmantel einer neuen Verteilung der Finanzierung bringt die Vorlage erhebliche Verschlechterungen für die Bevölkerung. Der Einbezug der Langzeitpflege, wo die Kosten besonders schnell steigen, wird die Prämien weiter in die Höhe treiben. Mit der Reform geben zudem die Kantone die Verantwortung für die Pflege im Heim oder durch die Spitex auf. Sie würden neu 13 Milliarden Steuerfranken direkt an die Krankenkassen überwiesen. Für Patient:innen ohne teure Zusatzversicherungen droht eine Verschlechterung der Versorgungsqualität. EFAS ist gefährlich und falsch.
Mit EFAS würden die heute unterschiedlich finanzierten Bereiche der stationären Versorgung (Spitäler und Pflegeheime) und der ambulanten Behandlungen (Arztpraxen, Spitalambulatorien und Spitex) neu schweizweit nach einem einheitlichen Finanzierungsschlüssel abgegolten. «Mit EFAS würden zusätzlich zu den 35 Milliarden Prämiengeldern jedes Jahr 13 Milliarden unserer Steuergelder durch private Kassen, ohne demokratische Legitimation und ohne Transparenz, verwaltet», erklärt Pierre-Yves Maillard, Präsident SGB. Neu sollen die PrämienzahlerInnen in allen Versorgungsbereichen drei Viertel der Kosten tragen müssen. Christian Dandrès, Präsident VPOD, fügt hinzu: «EFAS würde es den Krankenkassen ermöglichen, die Kontrolle über das gesamte Gesundheitssystem zu übernehmen.»
Weil die Gesellschaft weiter altert, nehmen die Ausgaben in der Langzeitpflege (Heime und Spitex) besonders stark zu. Und genau an diesen Ausgaben sollen sich die PrämienzahlerInnen künftig ebenfalls immer mehr beteiligen. Denn der heute gültige Kostenbeteiligungsdeckel wird aus dem Gesetz gestrichen. «Nach einer Übergangsfrist von vier Jahren kann der Bundesrat die Beiträge laufend erhöhen, sowohl bei der Pflege zu Hause, wie im Pflegeheim», streicht David Roth, Vizepräsident SP, heraus. Unter dem Strich drohen damit längerfristig ein weiterer Prämienschub sowie eine Erhöhung der Kosten, welche die PatientInnen selber tragen müssen.
Krankenkassen würden künftig Gesundheits- und Pflegesystem kontrollieren
In der Langzeitpflege (Pflegeheime und Spitex) würde die heute definierte Zuständigkeit der Kantone schlichtweg aus dem Gesetz gestrichen. Es müsste mit den Kassen ein neuer Einheitstarif ausgehandelt werden. Wo dieser zu liegen käme, ist völlig offen. Klar ist lediglich, dass dabei die öffentlichen Einrichtungen, welche heute viele Zusatzlasten tragen müssen, zuallererst unter Druck kommen würden. Was das bedeutet, legt Natascha Wey, Generalsekretärin VPOD, dar: «Die Versorgungsqualität würde zwangsläufig sinken. Leute mit hohem Pflegebedarf würden nicht mehr gleich gut betreut werden wie heute.» Opfer wären neben den PatientInnen auch die Pflegenden. Die Reform würde den Druck auf das Pflegepersonal nämlich noch erhöhen, im offenen Widerspruch zur klar angenommenen aber immer noch nicht umgesetzten Pflegeinitiative. «Durch die Abschaffung der bestehenden Finanzierungsmechanismen wird der bereits bestehende Druck auf das Personal noch verstärkt. Die Folge wird eine beschleunigte Abwanderung von Personal aus der Langzeitpflege sein», hält Véronique Polito, Vizepräsidentin Unia, fest.
Private Gewinnmacherei im Fokus
Die Reform wurde von der Lobby der Krankenkassen, Privatkliniken und gewinnorientierten Pflege-Organisationen gezimmert. Mit dem geplanten Rückzug der Kantone aus der Finanzierungs- und Organisierungsverantwortung für Pflegeheime und Spitex würde privaten, gewinnorientierten Akteuren der rote Teppich ausgerollt. Sie könnten sich die lukrativsten PatientInnen aussuchen. Gleichzeitig haben die Kassen ein Interesse an einer Rationierung der Grundversorgung, um mehr Zusatzversicherungen verkaufen zu können. Verlierer wären alle Normalversicherten. Katharina Prelicz-Huber, Nationalrätin Grüne, erklärt: «Mit der Revision käme es zu einer gewaltigen Machtverschiebung hin zu den Krankenkassen und weg von der demokratischen Steuerung, aber auch vom medizinischen Entscheid und den Bedürfnissen der Patient*innen.»