KVG-Revision führte zu Millionenverlusten in Spitälern

Von: von Beatriz Rosende Carobbio und Viviane Hösli

Am 21. Dezember 2007 wurde im Parlament über eine wichtige Revision des KVG abgestimmt, die die Finanzierung der Spitäler betraf. Die Befürworter der Revision versprachen: effizientere Spitäler, effizientere Dienstleistungen, eine Bremse gegen steigende Kosten und sogar optimierte Behandlungsprozesse für die Patient:innen

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Die Grundzüge der Revision von 2007: Die Krankenhäuser werden nun nach Pauschalsätzen pro Fall (eine Blinddarmentzündung = ein Pauschalbetrag) statt nach Tagessätzen finanziert. Gleichzeitig ist es diese Revision des KVG, die die Kantone verpflichtet, öffentliche Spitäler und Privatkliniken gleichberechtigt zu behandeln. Der mit dieser Revision eingeführte Spitalwettbewerb sollte es ermöglichen, die Ausgaben zu kontrollieren.

12 Jahre später sind die Ergebnisse vernichtend:

  • HFR - Spital Freiburg: Die Geschäftsleitung kündigt Einsparungen von 15 Millionen Franken für 2025 und 60 Millionen Franken bis 2028 an, während die Konsultationen stetig zunehmen.
  • RHNE: Spital Neuchâtel, 14 Millionen Defizit im Budget 2024. "Dieses vierte Haushaltsdefizit in Folge ist die Folge einer chronischen Unterfinanzierung mit Tarifen, die trotz extrem nachhaltiger Aktivität nicht kostendeckend sind", so die Geschäftsführung der RHNE.
  • HVS: Walliser Spitäler, Defizit von 11,3 Millionen im Jahr 2023, immer die gleiche Geschichte: Die Tarife decken die Behandlungen nicht ab, die zunehmen.
  • HUG: Defizit von 22,7 Millionen Franken, aber der Kanton greift rettend ein.
  • CHUV: Defizit von 24,8 Millionen Franken, aber der Kanton greift rettend ein.
  • KSSG: Trotz Kündigung von 117 Mitarbeitenden und Einsparungen im Umfang von 16.1 Millionen wurde von Kantonsspital St. Gallen 2023 ein Defizit von 25.5 Mio. Franken erzielt. Die weiteren
    Die übrigen Spitalverbunde in St. Gallen budgetieren für 2024 ein Minus von 13.1 Mio.
  • KSA: Trotz einer schwarzen Null im Geschäftsjahr 2023 musste das Kantonsspital Aargau im Frühjahr 2023 mit einem Notkredit des Kantons vor dem Konkurs gerettet werden.
  • Insel-Spital: Die Insel-Gruppe hat im Jahr 2023 ein Defizit von 112.7 Millionen erwirtschaftet und rechnet für 2024 mit einem grösseren Defizit. Trotz zwei Spitalschliessungen sind für 2025 weitere Einsparungen von 110 Millionen und 120 Kündigungen geplant.
  • UPD: Die Universitären Psychiatrischen Diensten Bern haben 2023 ein Defizit von 21.9 Millionen erzielt. Per Mitte November werden die UPD mit einem Kredit des Kantons über 25 Millionen aus der ersten Misere geholt: Die Löhne des Personals hätten ansonsten nicht bezahlt werden können.
  • USB: Das Universitätsspital Basel hatte 2023 ebenfalls einen Verlust von rund 50 Millionen Franken.
  • Die UAFP: Die Universitäre Altersmedizin FELIX PLATTER musste 2022 rund 100 Millionen Franken abschreiben.
  • KSBL: Das Kantonsspital Baselland hatte in der Jahresrechnung 2023 ein Defizit von 24.8 Millionen Franken ausgewiesen. Still und ohne Einbezug der Sozialpartner kam es im Jahr 2024 zu einem Stellenabbau von 70 Vollzeitstellen. Für die kommenden Jahre wird ein weiterer Stellenabbau im grossen Stil befürchtet, nachdem seit 2012 bereits jede zehnte Stelle weggefallen ist.

Weitere Defizite und Sparmassnahmen sind zu erwarten. Etwa 77% der Betriebskosten von Krankenhäusern sind Personalkosten. Es werden also Einsparungen auf dem Rücken des Personals erzielt. Entweder mit Kündigungen oder mit mehr Druck auf das Personal, durch Massnahmen wie: Keine Vertretungen bei Personalausfall durch Krankheit oder Mutterschaftsurlaub, kein Teuerungsausgleich bei den Löhnen oder auch Stellenabbau, usw. Das bedeutet maximalen Druck auf das verbleibende Personal, das entweder bis zur Erschöpfung arbeitet oder den Beruf verlässt.

Und wie sieht es aber aus mit den bei der KVG-Revision versprochenen Einsparungen aus? Die Prämien sind im gleichen Zeitraum im Durchschnitt um mehr als 26 % gestiegen[1]! Die Versprechen aus dem Jahr 2007 sind trotz eines starken Prämienanstiegs auf der Strecke geblieben. Und gleichzeitig sind die Spitalleitungen sparbesessen und die Kantone verstecken sich hinter der Verantwortung der Spitäler als Arbeitgeber. Der Spitaldachverband H+ unterstützte diese KVG-Reform, weil sie neben den öffentlichen Spitälern auch die profitorientierten Privatkliniken vertreten.

Das Ergebnis: Der Spitalwettbewerb durch die KVG-Reform 2007 hat unsere Prämien in die Höhe getrieben und die öffentlichen Spitäler in den Ruin geführt.

Am 23. Dezember 2023 hat das Parlament eine neue Reform des KVG, EFAS (Einheitliche Leistungsfinanzierung), verabschiedet. Der Dachverband der Spitäler, H+, unterstützt diese Reform erneut, ebenso wie die Mehrheit der Kantone, mit der gleichen Argumentation wie 2007: EFAS wird das System durch eine einheitliche Finanzierung vereinfachen. Die Frage, die sich die Spitalleitungen der öffentlichen Spitäler stellen sollten: Wird es EFAS ermöglichen, die Spitaltarife und/oder die kantonale Finanzierung zu erhöhen und damit den öffentlichen Spitälern die Erfüllung ihres Auftrags zu ermöglichen?

Die Antwort, wenn man sich die Gesetzestexte ansieht, lautet klar: Nein, denn EFAS ändert weder die Tarife für stationäre noch für ambulante Eingriffe. EFAS verfolgt das gleiche Ziel wie die Reform von 2007: Das Gesundheitswesen so umzubauen, dass es privaten Investoren dient. Der VPOD fordert, dass die Führung der öffentlichen Spitäler ihr Verantwortung wahrnimmt und für gute Arbeitsbedingungen und eine gute Versorgungsqualität für die Bevölkerung kämpft.


[1] https://www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiken/preise/krankenversicherungspraemien.assetdetail.29645209.html