Eine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln: Christiane Brunner hat es vermocht. Als der SP-Kandidatin im März 1993 von einer bornierten bürgerlichen Männermehrheit der Einzug in den Bundesrat verwehrt wurde, trat sie zusammen mit Ruth Dreifuss in den zweiten Wahlgang. Dreifuss wurde gewählt; Christiane Brunner war von Stund an eine Ikone der Linken und der Frauenbewegung.
Kämpfen hatte Christiane Brunner seit je müssen, als 1947 in ärmliche Verhältnisse Hineingeborene, als vorübergehend Alleinerziehende, als Jurastudentin und als Arbeitsanwältin. Auch in der Familie mit dem zweiten Ehemann, dem VPOD-Sekretär Jean Queloz, und den 5 Buben, war sie wie so oft einzige Frau im Männergremium. Häufig war sie auch die Erste in der jeweiligen Position; das trifft allerdings nicht zu aufs VPOD-Präsidium, das sie von 1982 bis 1989 innehatte. Dort gab es mit der 1970 gewählten Ria Schärer bereits eine Vorgängerin.
Der legendäre erste Frauenstreik vom 14. Juni 1991 ging wesentlich auf Christiane Brunners Anstoss zurück, die sich ihrerseits von der Uhrmacherin Liliane Valceschini hatte inspirieren lassen. Später bildete Christiane Brunner zusammen mit Vasco Pedrina die SGB-Spitze (1994 bis 1998), hier war sie tatsächlich weibliche Pionierin. An fast allen wichtigen Kämpfen für eine Besserstellung der Frauen in Gesetz, Gesellschaft und Gewerkschaft war sie beteiligt. Die Fusion von SMUV und GBI zur Unia geht ebenfalls mit auf ihr Wirken zurück (1992 bis 2000 war sie SMUV-Präsidentin).
Mit ihrem proletarischen Charme und ihrer Pfiffigkeit vermochte sie kleinere, mittlere und grössere Hindernisse aus dem Weg zu räumen; der Sinn für Visionen beeinträchtigte niemals das Sensorium fürs Machbare, auch nicht im Nationalrat (1991 bis 1995) und im Ständerat (1995 bis 2007), wo sie die SP und den Kanton Genf vertrat. Der VPOD trauert um eine hartnäckige und grossherzige Kollegin, der er viel verdankt.