Vollkosten für einen Kitaplatz in der Schweiz
Was müsste ein Kitaplatz kosten
Löhne in der Kinderbetreuung
Betreuungsquoten
Finanzierung (Ausgaben der öffentlichen Hand)
Forderungen zur Finanzierung: Wofür soll das Geld eingesetzt werden
Familienergänzende Kinderbetreuung im internationalen Vergleich
Elternbeiträge im internationalen Vergleich
Ausgaben der OECD-Länder für Frühe Bildung und Erziehung in Prozent vom BIP
Aufteilung von öffentlicher und privater Finanzierung für Frühe Bildung und Erziehung
Vollkosten für einen Kitaplatz in der Schweiz
Vollkosten für einen Kitaplatz in der Schweiz (gem. Normkostenrechnung der Gemeinden): ca. 110 – 130 Fr., davon zahlen die Eltern 30 – 100 Prozent (Internationale Vergleichszahlen siehe unten).
Hauptteil der Kosten für eine Kita sind Lohnkosten (70 - 85%). Wer hier sparen will, kann das nur auf dem Rücken des Personals machen.
Der Vollkostensatz ist faktisch viel zu niedrig. Er setzt voraus, dass mit VorpraktikantInnen und unausgebildetem Personal gearbeitet wird.
Was müsste ein Kitaplatz kosten
Es gibt in der Schweiz keine Berechnungen, wie viel ein Kitaplatz kosten müsste, wenn sinnvolle Personalschlüssel, ausgebildetes Personal und angemessene Löhne zugrunde gelegt würden. Aber es gibt Kriterien, was berücksichtigt werden müsste:
- Es braucht pädagogisch begründete, am Kindeswohl orientierte Personalschlüssel.
- In die Personalschlüssel müssen mittelbare (kinderfreie) Arbeitszeit, Weiterbildung, durchschnittlicher Abwesenheit aufgrund von Krankheit sowie weitere Abwesenheiten eingerechnet werden. Zusammengerechnet sind das ungefähr 20-30% der Arbeitszeit.
- Es braucht faire Löhne, die in einem begründeten Verhältnis zu den Löhnen in Kindergarten und Schule und/ oder HeimerzieherInnen stehen
- Es braucht Elterntarife, welche die Betreuung für alle zugänglich machen
Schon die ersten drei Kriterien müssten zu einem 2-3mal höheren Normkostensatz führen (Schätzung).
Löhne (und Ausbildung)
Der VPOD gibt keine Lohnempfehlungen ab, sondern verlangt, dass die Löhne in einem begründeten Verhältnis zu den Löhnen von Lehrpersonen stehen müssen.
Grundsätzlich sollten Personen in der frühkindlichen Bildung und Betreuung mehrheitlich eine tertiäre Ausbildung haben und gleich bezahlt werden wie Kindergartenlehrkräfte.
Das bedeutet, dass das Lohnniveau des ausgebildeten Personals um ca. 30% angehoben werden muss. Ausserdem darf aus Gründen der Qualitätssicherung nur ausgebildetes Personal eingesetzt werden, was die Lohnsumme weiter erhöht.
Betreuungsquoten
Es gibt in der Schweiz keine nationalen Ziele, welche Betreuungsrate angestrebt wird (=Anzahl Plätze im Verhältnis zu Kindern einer Altersgruppe).
Die Ziele des Europarats lauten, dass mindestens 33% der Kinder unter 3 Jahren und 90% der Kinder ab drei Jahren einen Betreuungsplatz haben sollten. Für die Schweiz würde das im Vorschulbereich 115 570 Plätze bedeuten, für den Schulbereich (4-12 Jahre) ca. 690'000 Plätze.
Vorschulische Betreuung: Nach Schätzung der Jacobs Foundation stehen (2016) im Vorschulbereich rund 45'000 Ganztagsbetreuungsplätze zur Verfügung (Zahle von 2016). Das entspricht einem Versorgungsgrad von ca. 12.8%.
Schulergänzende Betreuung: Für die schulergänzende Betreuung gibt es keinen Überblick. Sie ist in den Stadtkantonen am weitesten ausgebaut. In Bern nutzen 17% der SchülerInnen Tagesschulangebote, in Basel 31% . Allerdings sagen diese Zahlen nichts darüber aus, wie oft sie das Angebot nutzen bzw. wie viele Plätze es pro 100 SchülerInnen gibt. Ausserdem gehen die Zahlen jährlich nach oben, wenn es verfügbare und bezahlbare Angebote gibt. Auf jeden Fall sind die Zahlen weit vom 90-%-Ziel des Europarats entfernt. Eigene nationale Ziele der Schweiz gibt es nicht.
Finanzierung der Kinderbetreuung (Ausgaben der öffentlichen Hand)
Nach Angaben der OECD (Studie von 2004) gibt die Schweiz heute ca. 0.2% vom BIP für die Betreuung im Vorschulalter aus. Allerdings war zum Zeitpunkt der Erhebung auch der Kindergarten in diesen Kosten enthalten, der heute zur Schule gehört.
Gemäss der oben genannten Untersuchung der Jacobs Foundation geben Bund, Kantone und Gemeinden für Kitas, Tagesfamilien und Spielgruppen zusammen ca. 600 Mio Fr. pro Jahr aus, also etwa 0.1% vom BIP. Der Durchschnittswert der OECD-Länder für die Altersgruppe o-3 Jahre liegt bei 0.8%, die skandinavischen Länder geben bis zu 2 % des BIP aus. Innerhalb der OECD-Länder belegt die Schweiz bei den Ausgaben den vorletzten Platz.
Einen Überblick zu den Ausgaben im schulergänzenden Bereich gibt es nicht.
Forderungen zur Finanzierung: Wofür soll das Geld eingesetzt werden
Der VPOD fordert 1% vom BIP für die Kinderbetreuung im vorschulischen Bereich (bis 4 Jahre). Diese Zahl beruht auf den Empfehlungen des Netzwerk Kinderbetreuung der EU, der OECD, und Unicef.
1% vom schweizerischen BIP entsprechen derzeit 6.9 Milliarden Franken (2018).
Für die schulergänzende Betreuung müsste nach groben Schätzungen nochmal etwa gleich viel eingesetzt werden (sehr viel mehr Jahrgänge, aber kürzere Betreuungszeiten und grössere Gruppen).
Dieses Geld soll für Folgendes eingesetzt werden:
- den quantitativen Ausbau der Plätze
gemäss den Zielen des Europarats. Das bedeutet eine Verdreifachung der Plätze im Frühbereich,
und 5-10 mal mehr Plätze im Schulbereich. - den qualitativen Ausbau der Plätze durch
- mehr ausgebildetes Personal («für pädagogische Aufgaben nur ausgebildetes Personal»; PraktikantInnen dürfen nicht an den Betreuungsschlüssel angerechnet werden. Das bedeutet fast eine Verdoppelung des ausgebildeten Personals. Ausserdem sollte eine Ausbildung auf Tertiärniveau zum Standard werden.)
- bessere Arbeitsbedingungen für das Personal (mehr Vorbereitungszeit, bessere Löhne, Weiterbildung etc.)
- geeignete Räumlichkeiten
- fachliche Begleitung - die Senkung der Elternbeiträge
Die Betreuung soll für Eltern kostenlos sein, andernfalls jedoch höchsten ein Drittel der jetzigen Vollkosten betragen. - Aufbau der Forschung im Bereich familienergänzende Kinderbetreuung
(Begleitforschung; Grundlagenforschung; nationale Statistiken; nationale Koordinationsstelle; Aus- und Weiterbildung)
Grundsätzlich müssen die Löhne im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung deutlich steigen, und es muss mehr ausgebildetes Personal eingestellt werden, insbesondere Personal mit einer tertiären Ausbildung (FH- oder HF-Niveau). Etwa 75 % sind für den qualitativen und quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Senkung der Elternbeiträge vorzusehen. Dazu kommen Ausgaben für Beratung und Weiterbildung (ca. 5%). Etwa 20% werden für den Aus- und Umbau sowie den laufenden Betrieb von Einrichtungen benötigt. Für die Forschung im Bereich Kinderbetreuung muss etwa 1% des Betrags vorgesehen werden.
Wie die Kosten zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt werden sollen, ist zu diskutieren. Eine hälftige Aufteilung liegt nahe: 1% vom BIP vom Bund, welche mehrheitlich an Kantone und Gemeinden gehen, teilweise unter der Bedingung von eigener Mitfinanzierung.
Familienergänzende Kinderbetreuung im internationalen Vergleich
Betreuungssituation in ausgewählten Ländern in Europa (Zahlen von 2003) : |
|||
Anteil extern betreuter Kinder von 0-3 |
Anteil betreuter Kinder 0-3 (unter Anrechnung des Mutterschafts-/ Elternurlaubs) |
Anteil betreuter Kinder von 3 - bis Schuleintritt |
|
Dänemark |
56% |
über 80% |
93% |
Deutschland |
7% |
über 50% |
89% |
Frankreich |
43% |
knapp 80% |
100% |
Finnland |
21% |
90% |
70% |
Griechenland |
7% |
20% |
60% |
Schweden |
41% |
100% |
90% |
Spanien |
10% |
über 45% |
98% |
Schweiz |
7.2% |
Keine Angaben. |
31% der 4 Jährigen 84% der 5 Jährigen |
Elternbeiträge im internationalen Vergleich
Alle Länder kennen Elternbeiträge bei der vorschulischen Kinderbetreuung. Die Beiträge sind in der Regel einkommensabhängig und bewegen sich zwischen 15% (Finnland) und höchstens 35% der Vollkosten. Tatsächlich sind die Betreuungsbeiträge für die Eltern in keinem Land so hoch wie in der Schweiz, die bisher keine obere Grenze für die Elternbeiträge kennt - mit der bekannten Folge, dass für Mittelstandeltern die Betreuung in einer Krippe teurer wird als wenn sie selbst eine Person einstellen
Anteil der Elternbeiträge an den Gesamtkosten |
|
Dänemark |
Einkommensabhängig, ca. 30 – 35% der Kosten |
Deutschland |
15 - 16% der Kosten, je nach Bundesland und Ort |
Frankreich |
25 – 30% der Kosten |
Finnland |
15 % der Kosten |
Schweden |
16 – 25% (= 3% - 5% des Haushaltseinkommens) |
Schweiz |
25% – 100 % der Kosten (5% - 21.2% des Haushaltseinkommens) |
Ausgaben der OECD-Länder für Frühe Bildung und Erziehung in Prozent vom BIP
Die Tabelle zu den Ausgaben der OECD-Länder findet sich in der PDF-Version des Dossiers.
Aufteilung von öffentlicher und privater Finanzierung für Frühe Bildung und Erziehung
Die Tabelle zur Aufteilung von öffentlicher und privater Finanzierung findet sich in der PDF-Version des Dossiers.
Im OECD-Durchschnitt werden ca. 80% der Kosten für die Frühe Bildung und Erziehung von der öffentlichen Hand getragen. In der Schweiz (in der Tabelle nicht aufgeführt) tragen dagegen die Eltern ca. 70% der Kosten.
Literaturangaben und Anmerkungen finden sich in der PDF-Version des Dossiers.