Ein ganz gewöhnlicher 1. Mai?

Von: Tanja Lantz

Zum ersten Mal in der Geschichte gab es heute am Tag der Arbeit keine Demos und keine Kundgebungen in der Schweiz. Zum Schutz der Gesundheit hiess es Abstand halten.

Doch der 1. Mai steht seit 130 Jahren für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte. Wichtiger den je, wo sich alles dem Virus unterordnen muss. Die Dringlichkeit spüren wohl viele, den der 1. Mai wurde nicht nur digital und vor dem Bildschirm zelebriert. Es gab an vielen Orten kleine Aktionen, Transparente an Fassaden, Balkonaktionen und Lärmkonzerte. Viele und auch wir wollten zeigen: wir stehen zusammen im Kampf, im Herzen und im Gedanken aneinander.

Die COVID-Krise bringt vieles an die Oberfläche: Menschen in den Tieflohnbranchen sind stark betroffen, stehen in Kurzarbeit und erhalten nur 80% ihres üblichen Lohnes. Viele Arbeitnehmende haben Mühe, sich und ihre Familien durchzubringen.

Die Marginalisierten in der Gesellschaft, Menschen ohne Heimat, gültigen oder bewilligten Aufenthaltstatus, Geflüchtete, die zwischen Grenzen festsitzen werden in der Krise ignoriert oder vertröstet.

Die Menschen, die in der Grundversorgung arbeiten gelten als "systemrelevant" und halten das Land am Laufen. Aber oftmals erhalten auch sie nicht die Wertschätzung, soziale Absicherung, Chancen und Löhne, die sie eigentlich verdienen. Vor allem diejenigen, die Menschen betreuen und pflegen, stehen seit Wochen in vordester Reihe, werden freundlich beklatscht, in den Himmel gehoben und vertröstet.

Wir haben genug! Endlich muss es wieder heissen: Mensch vor Profit. Diejenigen, die mit ihrer Profitorientierung und ihrem Sparzwang im öffentlichen Dienst, u.a. im Gesundheitswesen, diese Krise mitzuverantworten habe, sollen diesmal auch die Kosten der Krise miitragen. Wir bezahlen schon seit Jahren!

Wir kämpfen weiter für eine Aufwertung von Berufsgruppen, besser Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Teilhabe und Mitbestimmung. Seid ihr dabei? Gewerkschaften stärken heisst, genau das zu unterstützen.

Der 1. Mai ist eben auch seit 130 Jahren das: eine Kampfansage gegen Entrechtung, Benachteiligung und eine kapitalistische Werteordnung.